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Johannes Fleischer

Johannes Fleischer (* 19. Oktober 1886 in Rixdorf bei Berlin; † 12. Mai 1955 in Witten/Ruhr) war Lithograph, Pastor in Bochum und Bukarest, Mit-/Herausgeber des Täuferboten und der Christenfibel.

joh-fleischer-portraet-um-1936-1.jpgÄltester Sohn des späteren Möbelfabrikanten und Gemeindegründers von Eilenburg Carl Fleischer. Zunächst machte er eine Lehre als Lithograph, dann entschied er sich für ein Studium am Seminar in Hamburg 1908-1912. Er wurde Pastor in Cogealac/Rumänien 1912-1914 und ab 1916. Nach seiner Teilnahme am 1.Weltkrieg und anschließend bis 1919 als Zivilinternierter in Rumänien diente er als Pastor in Bochum-Hermannshöhe von 1919-1928, wo er 1920 ordiniert wurde. Er wirkte am längsten in der deutschen Baptistengemeinde Bukarest von 1928-1946 und führte viele Bibelkurse in den deutschen Gemeinden durch. Diese erlebten zahlreiche Behinderungen und Einschränkungen der Religionsfreiheit (Schließung von Bethäusern, Verbot der Gottesdienste, zuletzt Dezember 1942). Gegen Ende des 2.Weltkrieges war er erst Angestellter der Luftwaffenmission 1943, dann wurde er interniert in einem röm.-kath. Kloster 1944/45, schließlich 1946 ausgewiesen. Er wurde Pastor in Bremen-Lesum 1947-1948 und zuletzt in Witten und Bochum-Bärendorf (heute Bochum-West) von 1948-1950. Er war verheiratet mit Karolina, geb. Mack; ihrer Ehe wurden sechs Kinder geschenkt.

Mit Arnold Köster und Carl Füllbrandt gab er den „Täuferboten“ heraus, eine Monatsschrift für die deutschen Baptistengemeinden in Südosteuropa von 1930-1942. In den deutschsprachigen Gemeinden Südosteuropas galt er als der Bibellehrer. Die aufkommende NS-Bewegung und den Bolschewismus in Russland beurteilte er aufgrund einer apokalyptischen Bibelauslegung sehr kritisch. Auch die Judenfrage behandelte er. Einerseits befürwortete er die Existenz judenchristlicher Gemeinden, andererseits verneinte er eine heilsgeschichtliche Rolle für das alte Bundesvolk Israel. Sein Eintreten für angeklagte Judenchristen im Jahre 1941 vor dem Kriegsgericht in Bukarest ist bezeugt (siehe M. Solheim). Das nationale Denken im deutschen Baptismus lehnte er entschieden ab (Kommentar zur Königsberger Konferenz 1930). (RF)

Kurzbiographie von Roland Fleischer in: BBKL, Bd. 19 (2001), Sp. 410-416.

Protokollbücher der Baptistengemeinde Bukarest, (Bd. 1, 1864-1913) Bd. 2, 1914-1978 (Oncken-Archiv Elstal).

Täuferbote. Monatsschrift der Baptisten-Gemeinden deutscher Zunge in den Donauländern, Wien 1930-1934, Bukarest 1935-1938, Novi Sad 1939-1940, Bukarest 1940-1942 (Oncken-Archiv Elstal, digitalisierte Fassung vorhanden).

Zahlreiche Artikel im Täuferboten (1930-1942) und einige im Wahrheitszeugen.

Aus Rumänien, Wahrheitszeuge 1924, Nr. 50, S. 398f.

Christenfibel. 15 Unterweisungen, 1. Aufl. Bochum 1928, 2.-3 Aufl. Bukarest 1929-30 (13.000 Expl.), 4.Aufl. Kassel 1951 (3.000 Expl., 40 S.) (eine katechetische Schrift).

Die Ekklesia. Bibelstudie, Bucarest-Wien 1929 (15 S.).

Verfolgung der Baptisten in Rumänien, in: Wahrheitszeuge 1930, Nr. 42, S. 331f (Fl = Fleischer).

Gedankenstriche zur Bundeskonferenz in Königsberg, in: Täuferbote 1930, Nr. 10 (Oktober), S. 5f.

Auch der „Nationalsozialismus“ ist eine Religion!, in: Täuferbote 1932, Nr. 3 (März), S. 5 (NS-kritisch).

Vereinigungskonferenz der deutschen Baptistengemeinden in Rumänien, in: Wahrheitszeuge 1932, Nr. 51, S. 407.

Die nationale Revolution in Deutschland, in: Täuferbote 1933, Nr. 5 (Mai), S. 3f (NS-kritisch, vgl. dazu A. Strübind, Unfreie Freikirche, ²1995, 80f).

Vom deutschen Baptismus in Rumänien, in: Wahrheitszeuge 1934, Nr. 8, S. 60f.

Konferenz in Bukarest, in: Wahrheitszeuge 1935, Nr. 2, S. 15f.

Die Lage des Baptismus in Rumänien, in: Wahrheitszeuge 1935, Nr. 52, S. 411-413.

Gedenkfeier in Bukarest, Rumänien, in: Wahrheitszeuge 1936, Nr. 32, S. 255.

Die Rechenschaft, Bukarest o.J. (1937) (sechs Abhandlungen meist zur Judenfrage, 26 S.).

Jahrbuch 1937, S. 13-15 (Nachruf auf seinen Vater Carl Fleischer).

Aus der Geschichte des neueren Täufertums in den Donauländern, in: Täuferbote 1938, März, S. 3f, Mai, S. 2f und Juni S. 2f; wieder abgedruckt in: F. Graf-Stuhlhofer (Hg), Frisches Wasser auf dürres Land (Baptismus-Studien 7), Kassel 2005, S. 14-24.

Vom Baptismus in Rumänien, 5seitiges Manuskript vom 21.3.1947 (unveröffentlicht).

Israels nationale Hoffnung, in: Der Gärtner. Zeitschrift Freier evangelischer Gemeinden, Witten 51/Nr. 36/37 (September 1948), S. 563-565; auch in: Der Sendbote, Cleveland/Ohio 96/Nr. 35, S. 7f und Nr. 36, S. 6f (September 1948).

posthum:

Das Volk Israel und der neue Bund. Die Heilsgeschichte vom Alten zum Neuen Bund. Eine Bibelstudie, Privatdruck Stuttgart 1970 (48 S., Manuskript von 1948).

Die Wiederherstellung der Welt. Glaube und Hoffnung der ersten Christengemeinden. Bibelstudie, Privatdruck Stuttgart 1970 (84 S., Manuskript von 1948).

Wesenhaftes Christentum. Vom alten zum neuen Bund, vom Schattenbild zum Wesenhaften. Bibelstudie, Privatdruck Stuttgart 1970 (45 S., Manuskript von 1948).

Predigereinführung in Bukarest, in: Wahrheitszeuge 1928, Nr. 50, S. 400 (von F.W.Schuller); Erste Donauländer-Missionskonferenz, in: Wahrheitszeuge Nr. 47 (22.11.1931), S. 375; Aus dem Bibelkursus der deutschen Donauländer-Missionsarbeiter in Bonyhad (Ungarn), in: Wahrheitzeuge 1932, Nr. 4, S. 30-31; 125 Jahre J.G.Oncken-Verlag Kassel 1828-1953, S. 61; Die Gemeinde 1955, Nr. 13, S. 208 (Nachruf v. Johann Schlier); Donat, Ausbreitung, Register; Walter Fleischer, Johannes Fleischer. Zum 100. Geburtstag 1889-1955. Eine Biographie, Stuttgart 1986 (maschinenschriftlich, im Oncken-Archiv Elstal); Pius Zwettler, Geschichte der deutschen Baptistengemeinde Bukarest in Rumänien, 1986, bes. S. 18-21 (maschinenschriftlich, Oncken-Archiv Elstal); Magne Solheim, Im Schatten von Hakenkreuz, Hammer und Sichel. Judenmissionar in Rumänien 1937-1948, Erlangen 1986 (zuerst Oslo 1981), S. 143; Andrea Strübind, Unfreie Freikirche, 2.Aufl. 1995, Register; Roland Fleischer, Begegnungen von Baptisten und Juden in Südosteuropa. Das Leben des Judenmissionars Moses Richter (1899-1967). Von Kischineff nach London, in: Freikirchenforschung 8/1998, S. (205-229) 221.223.225; Friedrich Georg Teutsch, Ein Leben nur. Geschichte der Gemeinde deutscher Baptisten: Kronstadt, Sindelfingen 1999, S. 44.45.62.64.74.82.136.149f.175.201; Art. Fleischer, Johannes Karl, in: BBKL, Bd. 19 (2001), Sp. 410-416 (Roland Fleischer); Franz Graf-Stuhlhofer, Öffentliche Kritik am Nationalsozialismus im Großdeutschen Reich. Leben und Weltanschauung des Wiener Baptistenpastors Arnold Köster (1896-1960), Neukirchen 2001, Register; Bernard Green, European Baptists and the Third Reich, Baptist Historical Society 2008, p. 163 (270 S.); Hartmut Weyel, Evangelisch und frei. Geschichte des Bundes Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland, Witten 2013, S. 188; R. Fleischer, Streit (Baptismus-Dokumentation Bd. 4), Elstal/Norderstedt 2014, S. 13; Roland Fleischer, Die deutschen Baptisten und ihr Verhalten zu Juden und Judenchristen besonders in der Zeit des Nationalsozialismus, in: ZThG 23/2018, S. (53-77) 55.57.67f; Veit Claesberg, Der pastorale Leiter als Prophet. Der Baptistenprediger Arnold Köster (1896-1960) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus (Baptismus-Dokumentation 8), Elstal/Norderstedt 2018, S. 197.261.262; Hartmut Weyel, Wer ist das auserwählte Volk Gottes? - Freie evangelische Gemeinden im Streit um Israel, in: Freikirchenforschung 28/2019, S. (152-164) 160.

Bildnachweis: Archiv Roland Fleischer

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