Carl Rauch
Carl (auch: Karl) Rauch (* bei Wien; † nach dem 22. Oktober 1874 in Tirol ermordet) war ein österreichischer Baptist, Mitbegründer der Gemeinde Wien 1869 und Bibelbote der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft, der in seinem Dienst der Bibelverbreitung in Tirol 1874 zum Märtyrer wurde.
Leben
Er war ursprünglich Katholik, reiste 1845 in die Schweiz und bekam von dem Pfarrer Kind in Chur ein Neues Testament. Dadurch erweckt, kam er in Hamburg 1847 zum Glauben, kehrte 1850 nach Österreich zurück und wurde am 22.7.1850 in Wien getauft von J.C.Kruse. Rauch arbeitete in einer Eisengießerei und versorgte so seine Ehefrau Catharina, die mit ihm getauft wurde und die vier Kinder. Als einziger Arbeiter setzte er durch, dass er sonntags nicht arbeiten musste. Da er seine Kinder nicht taufen ließ, bekam er Schwierigkeiten mit den Behörden. Ohne sein Wissen nahm ein lutherischer Pfarrer seine Kinder und taufte sie nach lutherischem Ritus. Als Edward Millard 1849-1850 im Auftrag der Britischen & Ausländischen Bibelgesellschaft Österreich und Ungarn bereiste, hielt er im Hause von Karl Rauch manche Versammlungen. Nach Aufhebung des Bibelverbots konnte Edward Millard 1864 nach Wien zurückkehren und Karl Rauch wurde Bibelbote (Kolporteur) der Gesellschaft. Auf seinen Wanderungen als Bibelbote und Verkünder des Evangeliums fand er u.a. 16 Personen, die inmitten einer katholischen Umgebung ihren evangelischen Glauben bewahrt hatten und aus 300 Jahre alten Büchern der vormaligen Täufer ihren Glauben stärkten. Als 1869 die Gemeinde Wien gegründet wurde, gehörte er zu den Gründungsmitgliedern. Seit 1870 bereiste er im Auftrag der Gesellschaft mehrmals Tirol, führte Gespräche und verkaufte Bibeln und Testamente. Dabei traf er immer wieder auf einzelne Gläubige und interessierte Hörer. Aber die Bevölkerung samt der katholischen Priesterschaft war der Bibelmission gegenüber feindlich eingestellt. Seit Frühjahr 1874 reiste er erneut durch Tirol, aber Mitte Oktober brachen seine wöchentlichen Berichte an die Gesellschaft ab. Zunächst wurde sein Notizbuch und Stock aufgefunden und die Nachforschungen intensiviert. Erst am 13.1.1875 wurde sein verstümmelter Leichnam in der Eisack bei Bozen entdeckt, untersucht und schnell begraben. Erst nach mehrfacher Intervention konnte der Leichnam exhumiert und von der Witwe und Bekannten identifiziert werden. Edward Millard, der unermüdlich Nachforschungen angestellt und bei Behörden, Polizei und Justizminister meist vergeblich interveniert hatte, widmete ihm im Nachruf u.a. folgende Worte: „Seine Lebenskraft war dem Lande Tirol gewidmet, welches er stets auf brünstig betendem Herzen trug, seitdem er vor einigen Jahren zur Bibelverbreitung dorthin berufen wurde. Es sind in jenem Lande viele Tausend Exemplare des Wortes Gottes durch seine Hand ausgestreut worden und neben diesem hat er reichlich und vielfach ein klares mündliches Zeugnis von Gottes Gnade in Christus abgelegt.“ (RF)
Sein Lebensschicksal erzählt in: Kalwer Missionsblatt 1875 (zitiert in: Donat, Ausbreitung, 1960, S. 382f)
Johannes Fleischer, Bibelbote Karl Rauch, ein Märtyrer für Tirol, in: Täuferbote Juli/August 1938, S. 4f.
Quellen
Notizbuch/Tagebuch.
Berichte an die Britische und Ausländische Bibelgesellschaft (Archiv der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft?).
Berichte im Missionsblatt: Januar 1870; 2/1871; 1872.
Literatur
Kalwer Missionsblatt 1875 (zitiert in: Donat, Ausbreitung, S. 382f); J. Lehmann, Geschichte, Bd. 2, 1900, S. 96-99; Johannes Fleischer, Bibelbote Karl Rauch, ein Märtyrer für Tirol, in: Täuferbote Juli/August 1938, S. 4f (vgl. auch Täuferbote Februar 1938, S. 3; März 1938, S. 3.4; Juni 1938, S. 2); Donat, Entstehung, Kassel 1958, Register; Donat, Ausbreitung, Kassel 1960, S. 381-383; Franz Graf-Stuhlhofer (Hg), Frisches Wasser auf dürres Land. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich (Baptismus-Studien Bd. 7), Kassel 2005, S. 15f.17.21 (= Johannes Fleischer, 1938).161; Margarete Jelten, Handwerkerwege in Gottes Plan zwischen Elbe und Donau. Eine Dokumentation zur Entwicklung des Baptismus im Donauraum, Bremerhaven (2003) ²2004, Sonderausdruck 2014, S. 29.30.33.