Klaus (Nikolaj) Tschalamoff
Klaus Tschalamoff (* 22. November 1937 in Kasanlik/Bulgarien; † 11. Dezember 2008) war Ingenieur, Mitglied im Kreistag Schönebeck und Referatsleiter im Wirtschaftsministerium Magdeburg. Er war auch langjähriger Leiter der EFG Schönebeck, der zur DDR-Zeit den Wiederaufbau der zerstörten Synagoge durchsetzte, die heute als „Schalom-Haus“ der EFG Schönebeck als Gemeindehaus dient.
Leben
Der Vater war bulgarischer Flugzeugmechaniker, die Mutter die Tochter eines deutschen Baptistenpastors. Als 1939 der Vater starb, kam die Mutter mit ihren beiden Söhnen 1943 ins Sudetenland und 1945 aufgrund der Vertreibung nach Schönebeck. 1952-54 machte er eine Lehre als Dreher. In der Baptistengemeinde Schönebeck wurde er 1952 getauft. Bis 1961 absolvierte er ein Studium an der Ingenieurschule für Kraftfahrzeugbau in Zwickau. 1964 heiratete er Doris, mit der er vier Kinder hatte. 1961-90 arbeitete er als Ingenieur und Abteilungsleiter im Traktorenwerk Schönebeck/Elbe. Nach mehreren Anwerbeversuchen der Staatssicherheit, zuletzt 1985, die er ablehnte, wurde er im Betrieb degradiert. In der Wendezeit 1989 beteiligte er sich aktiv an Demonstrationen gegen das DDR-System. Im März 1990 wurde er als CDU-Abgeordneter in die Volkskammer gewählt. Von 1994-2006 war er Mitglied im Kreistag Schönebeck. 1991 bis zur Pensionierung 2003 arbeitete er als Referatsleiter für Forschung und Technologieförderung im Wirtschaftsministerium Magdeburg. Er diente der EFG Schönebeck als ihr langjähriger Leiter. Noch zur DDR-Zeit setzte er den Wiederaufbau der zerstörten Synagoge durch, die unter Mitwirkung vieler Gemeindeglieder in einer dreijährigen Aufbau- und Restaurierungsarbeit von 1983-1986 zum Gemeindehaus der EFG Schönebeck mit dem Namen „Schalom-Haus“ wurde. Die Errichtung des Schönebecker Holocaust-Mahnmals (eingeweiht 1998) ging auf seine Initiative zurück. Viele Jahre war er auch Leiter der Ev. Allianz in Schönebeck. Im Dezember 2005 verlieh ihm der Bundespräsident das Bundesverdienstkreuz. 2011 wurde das Technikum am Technologie- und Gründerzentrum in Bitterfeld-Wolfen für seinen Einsatz für die Wirtschaftsregion mit seinem Namen ausgezeichnet. (RF/Reinhard Assmann)
Nachruf in: „Die Gemeinde“ 2/2009, S. 27.
Quellen
http://zhsf.gesis.org/ParlamentarierPortal/vk_db
Interview mit M. Sult und R. Assmann am 9.1.1993 in Schönebeck, in: Oncken-Archiv Elstal, Bestand Aufarbeitung BEFG-DDR, Bd. 21 „Briefe“ B 07 (dort auch weiteres Material).
Lebenslauf Nikolaj Tschalamoff von Christel Hentschel, geb. Tschalamoff, 13.12.2008 (verlesen im Abschiedsgottesdienst am 16.12.2008 im Schalom-Haus Schönebeck).
Literatur
Synagoge wurde Schalom-Haus, in: „Wort und Werk“ 1986, Nr. 8, S. 12f (vgl. Nr. 7, S. 1).
K.-P. Voigt, Schalom – ein Wort und ein Haus für alle Christen. Unionsfreund Nikolaj Tschalamoffs aufregende Bauleitertätigkeit, in: „Neue Zeit“ 10.11.1987, S. 3.
„Hier wird wieder Gott geehrt“. Zur Geschichte und Gegenwart der Synagoge in Schönebeck, in: Wort und Werk, 1988, Nr. 10.
Reinhard Assmann, Die „IM-Erklärung“ des Klaus Tschalamoff, in: Erlebt in der DDR. Berichte aus dem Bund EFG, hg. v. U. Materne und G. Balders, Wuppertal 1995, S. 154-159.
Klaus Rösler, Warum in Schönebeck die Baptisten eine Synagoge nutzen. „Dies sei ein Bethaus für alle“, in: Die Gemeinde 31-32/1997, S. 40.
Klaus Rösler, In Schönebeck entstand ein Holocaust-Mahnmal. Die Bürde einer Stadt tragen, in: Die Gemeinde 23/1998, S. 17.
Interview: Der Mensch hat Priorität, in: „Der neue Weg“ Magdeburg 15.3.1999, S. 6.
Nachruf in: „Die Gemeinde“ 2/2009, S. 27.
Bildnachweis: Christel Hentschel