Kenneth W. Norquist
Kenneth W. Norquist (* 7. Januar 1921 in North Branch/Minnesota; † 29. August 2016 in Isanti/Minnesota) war Pastor und Dozent in den USA und koordinierte von 1950 bis 1955 von Stuttgart aus die Flüchtlingsarbeit der Baptist World Alliance und der Baptist General Conference in Deutschland sowie den Wiederaufbau von im Zweiten Weltkrieg zerstörten Baptistenkapellen.
Leben
Norquist war der Sohn schwedischer Baptisten, die eine Farm in North Branch, Minnesota, betrieben. Nach dem Abschluss der North Branch High School 1939 studierte er bis 1941 am Bethel Junior College. Von dort wechselte er an die Universität von Minnesota, wo er einen BA erwarb. 1945 erwarb er einen BD am Bethel Seminar. Später erwarb er einen Mastertitel der Universität von Stockholm und setzte seine Studien in Tübingen und Heidelberg fort.
1936 wurde Norquist von Pastor Roger Goodman getauft. 1945 wurde er in der Harris Baptist Church zum Pastor der General Baptist Conference ordiniert. Er war Pastor der Eastern Heights Baptist Church in St. Paul, Minnesota, Direktor im Amerika Haus der Amerikanischen Militärregierung in Heidelberg, lehrte am Bethel College und am Bethel Seminar. 1950 wurde er von der (ehemals schwedischsprachigen) Baptist General Conference und der Baptist World Alliance nach Deutschland entsandt, um die Flüchtlingshilfe von 11 Hilfswerken in den USA sowie den Wiederaufbau von im Krieg zerstörten baptistischen Kirchen zu koordinieren. Diesem Konsortium von Nichtregierungsorganisationen (CRALOG) gehörte auch der Baptistische Weltbund an. Eines der Projekte war der Aufbau eines Altersheims für Heimatvertriebene (DP) in München, das zum Diakonissenmutterhaus Bethel, Berlin, gehörte. Die dort zunächst aufgenommenen Displaced People waren aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage, in die USA oder nach Kanada auszuwandern. Der Bau von Kirchen vor allem in Südwestdeutschland sollte den fast 30.000 baptistischen Flüchtlingen helfen, wieder eine Heimat zu finden. Diese Aufgabe nahm er bis 1955/56 wahr.
Er unterrichtete am Marine College in California und am Manchester College in Indiana. Nebenbei war er für die Versicherungen Ministers Life und New York Life tätig. 1970 gründete er eine Seemannsmission für deutschsprachige Seeleute in Long Beach, Kalifornien, die er bis 1988 leitete.
1983 erhielt Norquist das Bundesverdienstkreuz für seine Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe und der Seemannsmission.
1987 nahm Norquist einen Ruf an das Community College in Cambridge Minnesota an, wo er Geschichte, Philosophie und Religion unterrichtete, bis er 2004 im Alter von 84 Jahren in den Ruhestand ging.
Verheiratet war Norquist in erster Ehe mit Glady Norquist, später mit der Deutschen Elisabeth Norquist, geborene Kempf. (Frank Fornaçon)
Quellen
Nachlass Kenneth Norquist (46 Ordner und Loseblatt-Sammlung über seine Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe in Deutschland), bei Elisabeth Norquist, Isanti/Minnesota; seit November 2020 im Oncken-Archiv Elstal.
Literatur
Jahrbuch 1950, S. 15 (Vertreter des Weltbundes in der Cralog-Organisation in Deutschland, Stuttgart);
Jahrbuch 1951, S. 18 (Cralog-Organisation);
Festschrift 75jähriges Jubiläum des Predigerseminars Hamburg-Horn 1955, S. 68;
Wilhelm Hörmann, Auch diese Zeit ist Gottes Zeit. Erinnerungen, Wuppertal/Kassel 1981, S. 96.99.102.106.108;
G. Balders (Hg), Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. 150 Jahre Baptistengemeinden in Deutschland 1834-1984. Festschrift, Wuppertal/Kassel 1984, S. 127;
Astrid Giebel, Glaube, der in der Liebe tätig wird (Baptismus-Studien 1), Kassel 2000, S. 261.275.297;
James Enns, Saving Germany. North American Protestants and Christian Mission to West Germany, 1945 -1974, (Diss. Cambridge/Großbritannien 2012), Montreal 2017, 308 S.;
Die Gemeinde 20/2016, S. 31 (Todesanzeige);
Andreas Liese, Wenn Akten auf Reisen gehen. Baptistische Nachkriegsgeschichte, in: Die Gemeinde 25/2020, S. 32.
Bildnachweis: Baptist World Alliance