petrick_jr

Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Herbert Petrick

Dr. Herbert Petrick (* 24. Februar 1891 in Sibsagor/Assam/Indien; † 7. März 1953 in Petropolis/Brasilien) war Arzt, studierte Theologie in London, wurde Berater des baptistischen Jugendbundes in Berlin und danach Sekretär des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen. Zu Beginn der Nazi-Zeit emigrierte er mit Familie nach Brasilien.

Er war Sohn von C. H. Petrick und wurde in Indien geboren. In Steglitz bei Berlin besuchte er das Gymnasium und studierte Medizin. 1914 bis 1918 arbeitete er als Sanitätsoffizier auf dem Balkan. Auf Vermittlung von James Rushbrooke studierte er ab 1922 am Regents Park College in London Theologie. Ebenfalls auf Empfehlung Rushbrooks wurde Petrick, der dafür von Wien nach Berlin übersiedelte, 1925 eine Art Berater des Baptistischen Jugendbundes in Deutschland. Da dieser aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse keinen hauptamtlichen Sekretär bezahlen konnte, übernahm die American Baptist Missionary Society die Gehaltskosten. Auf die Predigerliste des Deutschen Bundes der Baptistengemeinden gelangte er nicht und die Tätigkeit für den Jugendbund dauerte nur bis 1928 als Petrick sein Amt niederlegte.

Petrick heiratete nach dem 1. Weltkrieg eine aus Lodz stammende Tochter von Adolf Horak. Sie war die Schwester des Predigers Fehlhaber in der Gemeinde Berlin-Köpenick, zu der Petrick gehörte. Adolf Horak war Inhaber einer bedeutenden Textilfabrik in Lodz in Polen und Ältester der dortigen Baptistengemeinde. In Köpenick hatten viele deutsche Baptisten aus Lodz eine neue Heimat gefunden, die nach dem Ersten Weltkrieg Polen verlassen hatten. Das Ehepaar Petrick hatte zwei Töchter, eine davon war Helga, die 1933 getauft werden wollte.

Bis September 1931 war Petrick hauptamtlicher Sekretär im Berliner Büro des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen, das seinen Sitz in der Georgenstraße in Berlin hatte, der Zentrale der Inneren Mission. Besondere Verantwortung trug er als Direktor der Abteilung für Studentenarbeit und als Organisator des deutschen Freundeskreises des Weltbundes. Seine letzte Dienstreise führte ihn im September 1931 nach Cambridge. Herbert Petrick verlor diese Stelle schließlich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten des Weltbundes für Freundschaftsarbeit. Seit April 1931 hatte Petrick gleichzeitig die Mittelstelle für Jugendarbeit des Weltbundes geleitet. In dieser Funktion löste ihn im Oktober 1931 Dietrich Bonhoeffer ab, während Superintendent Diestel die Verwaltung der deutschen Abteilung des Weltbundes übernahm. Im Auftrag der Jugendarbeit hatte Petrick an der Konferenz des Weltbundes in Prag teilgenommen. Nach seiner Entlassung arbeitete Petrick als niedergelassener Arzt. Seine Praxis lag in der Bahnhofstraße in Berlin-Köpenick. Er setzte sich weiter ehrenamtlich für die internationalen Jugendbegegnungen ein. Seitdem die Nazis die Macht ergriffen hatten, lernte Petrick Portugiesisch, um seine Auswanderung nach Brasilien vorzubereiten. 1934 verließ er mit seinen Töchtern Deutschland. Eine von ihnen kehrte jedoch noch vor dem 2. Weltkrieg wieder nach Berlin zurück, um schließlich wieder nach Brasilien zu gehen. Petrick war mit seiner Familie nach Brasilien ausgewandert, wo er sich in Petropolis, einer von Österreichern gegründeten Stadt, niederließ und als Arzt praktizierte. Er galt als Förderer der Jugend der örtlichen Baptistengemeinde und war an der Vorbereitung des BWA-Kongresses in Rio beteiligt. Er starb am 7.3.1953 in Petropolis. (Frank Fornaçon)

vgl. Rainer Ebeling, Dietrich Bonhoeffers Ringen um die Kirche, Gießen/Basel 1996, darin: „Exkurs: zur Person Herbert Petrick“, S. 163-167.

vgl. auch: Frank Fornaçon, A Forgotten Peacemaker: Dr. Herbert Petrick, in: ‚A World-Order of Love‘. Baptists and the Peace Movements of 1914, Oxford 2017, ed. by Paul Fiddes, p. 55-70.

Baptist Doctor with the Prussian Army, Baptist Quarterly 1923, Vol. 1, S. 293-300.

Verband christlicher Jugendbündnisse, in: Wahrheitszeuge 1925, H. 2, S. 15f.

Der Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen, in: Hilfsbote 1928, H. 8, S. 180-183.

The Tasks oft the Baptist denomination in Germany, Baptist Quarterly, September 1928, 160-165.

Der Weltkirchenkongreß für Friede und Freundschaft, in: Hilfsbote 1928, H. 10, S. 230-232.

Kirche und Abrüstung, in: Die Friedens-Warte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation (journal of international peace and organisation), Berlin 28 (1928), S. 313-315 (Ev. Zentralarchiv Berlin).

Arbeits-Bericht 1928-29, Deutsche Vereinigung des Weltbundes für Internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen, erstattet durch Herbert Petrick, 1929 (Ev. Zentralarchiv Berlin).

Das Minoritätenproblem und die christlichen Kirchen, in: Nation und Staat. Deutsche Zeitschrift für das europäische Nationalitätenproblem, Wien 2 (1928/29), S. 443-448.

Deutsch-englische Freundschaftsfahrten 1931 und 1932, in: Wahrheitszeuge Nr. 44 (1. November), 1931, S. 350f.

Jahrbuch 1933, S. 27; Täuferbote 8/9/1934, S. 9 (Begegnung mit Carl Füllbrandt in München); Nachruf von A.E. Payne in Baptist Times, 28.5.1953; Nachruf in der Brasilianischen Baptisten-Zeitschrift in maschinenschriftlicher Übersetzung vom 18.6.1953 (Archiv Regent-Park-College, Oxford); Philip Friedman, Das andere Deutschland – die Kirchen, Berlin 1960, S. 23 (ist Herbert Petrick gemeint?); W.M.S. West, To be a Pilgrim. A Memoir of Ernest A. Payne, Guildford, S. 26.31; E. Bethge, Dietrich Bonhoeffer. Eine Biographie, München (1967) 5.Aufl. 1983, S. 235.286f; F. Fornaçon, Deutsche Baptisten in der Friedensarbeit (II), in: Die Gemeinde 47/1984, S. 10; G. Balders (Hg), Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. 150 Jahre Baptistengemeinden in Deutschland 1834-1984. Festschrift, Wuppertal/Kassel 1984, S. 83; Rainer Ebeling, Dietrich Bonhoeffers Ringen um die Kirche. Eine Ekklesiologie im Kontext freikirchlicher Theologie, Gießen/Basel 1996 (421 S.), S. 163-167; A. Giebel, Diakonie (Baptismus-Studien 1), Kassel 2000, S. 179; Frank Fornaçon, Zwischen Weltflucht und Weltverantwortung. Baptisten als Minderheit auf der Suche nach ihrer politischen Heimat. Historischer Überblick über die Zeit von 1834 bis 1950, in: Freikirchenforschung 17/2008, S. (92-105) 98f; Bernard Green, European Baptists and the Third Reich, Baptist Historical Society 2008, p. 56.212 (270 S.); Karl Heinz Voigt, Ökumene in Deutschland. Internationale Einflüsse und Netzwerkbildung - Anfänge 1848-1945, Göttingen 2014, S. 170; Martin Rothkegel, „Kein ganz neues Thema“ - Baptisten und Ökumene, in: Ökumene. Elstaler Impulse, hg. v. Kollegium der Theologischen Hochschule Elstal, Elstal 2017, S. 16; Frank Fornaçon, A Forgotten Peacemaker: Dr. Herbert Petrick, in: ‚A World-Order of Love‘. Baptists and the Peace Movements of 1914, Oxford 2017, ed. by Paul Fiddes, p. 55-70; Frank Fornaçon, Scheiterte die Friedensbewegung am Krieg? Die Gründung des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen 1914, in: Themenjahr 23 gewagt! gewaltlos leben, Hg. Verein 500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V., Frankfurt 2023, S. (22f) 23.

  • petrick_jr.1677323961.txt.gz
  • Zuletzt geändert: vor 14 Monaten
  • von rfleischer